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09.12.2020
Werden die Interessen ausländischer Exporteure im Kennzeichnungssystem „Chestny ZNAK“ („ehrliches ZEICHEN“) geschützt?
09.12.2020

Werden die Interessen ausländischer Exporteure im Kennzeichnungssystem „Chestny ZNAK“ („ehrliches ZEICHEN“) geschützt?

Ungeachtet der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die COVID-19 mit sich bringt, gewinnt die Digitalisierung innerhalb des Handels in Russland an Schwung. Ende 2020 wird Russland seinen Übergangszeitraum abschließen und es wird ein vollständiges Handelsverbot für eine Reihe von Waren ohne Registrierung im System „Chestny ZNAK“ und die Anwendung von digitalen Kennzeichnungscodes in Kraft treten.1 Die russische Regierung hat jedoch nicht die Absicht, sich auf ihren bisherigen Erfolgen auszuruhen und plant bereits die Einbindung weitere Produktgruppen in das obligatorische digitale Kennzeichnungssystem.2

Alle Waren - unabhängig davon, ob diese in Russland hergestellt oder aus dem Ausland eingeführt wurden – unterfallen der Kennzeichnungspflicht und müssen digital gekennzeichnet werden.

Inwiefern das Kennzeichnungssystem „Chestny ZNAK“ die Besonderheiten des internationalen Warenverkehrs berücksichtigt und ob die Interessen russischer und ausländischer Hersteller in diesem System gleichermaßen geschützt werden, erfahren sie im hiesigen Newsletter von der Rechtsanwaltskanzlei Mosgo & Partners.

1. Kennzeichnungsbedürftige Waren. Das System „Chestny ZNAK“

Nachfolgende Produkte unterliegen bereits derzeit der obligatorischen Produktkennzeichnung:

  • Zigaretten und Papirossy (Regierungsverordnung v. 28.2.2019 Nr. 224);

  • Parfüms und Eau de Toilette (Regierungsverordnung v. 31.12.2019 Nr. 1957);

  • Reifen und Reifenmäntel (Regierungsverordnung Nr. 1958 v. 31.12.2019);

  • Waren der Leichtindustrie (Regierungsverordnung v. 31.12.2019 Nr. 1956);

  • Schuhe (Regierungsverordnung v. 05.07.2019 Nr. 860);

  • Fotokameras (außer Filmkameras), Blitzlichtgeräte (Regierungsverordnung v. 31.12.2019 Nr. 1953);

  • Pelzprodukte (Regierungsverordnung v.11.08.2016 Nr. 787);

  • Arzneimittel (Regierungsverordnung Nr. 1556 v. 14.12.2018).

Um die digitale Kennzeichnung dieser Waren umzusetzen, wurde ein staatliches Informations- und Kontrollsystem, „Chestny ZNAK“ (честныйзнак.рф), eingeführt. Bei diesem Kennzeichnungssystem handelt es sich um eine öffentlich-private Partnerschaft (PPP), die von der „CRPT“ Gesellschaft mit beschränkter Haftung (www.crpt.ru) aufgebaut und betrieben wird.

Die Zuständigkeit der Kennzeichnung von Pelzprodukten, die bereits vor Einführung des Systems „Chestny ZNAK“ eingeführt wurde, wurde ab dem 1.6.2019 vom Föderalen Steuerdienst der Russischen Föderation (FNS RF) auf die „CRPT“ Gesellschaft mit beschränkter Haftung übertragen.

Es ist zu beachten, dass auch Alkohol der Kennzeichnungspflicht unterliegt. Dieser Newsletter befasst sich jedoch nicht mit der Kennzeichnung von Alkohol. Lange vor der Einführung des Systems „Chestny ZNAK“ wurde das Alkoholkennzeichnungssystem EGAIS (der Betreiber ist die Föderale Dienststelle für die Regulierung des Alkoholmarktes), steht nun kurz vor der der Reorganisation. Die wichtigsten Rechtsakte in diesem Bereich werden am 01.01.2021 außer Kraft treten (Regierungsverordnung Nr. 841 v. 9.6.2020). Das neue Verfahren zur Kennzeichnung der Alkoholkennzeichnung existiert derzeit nur in Form eines Entwurfs.3

2. Zugang ausländischer Produzenten zur Registrierung im System „Chestny ZNAK“

Gegenwärtig ist die Registrierung ausländischer Produzenten im System „Chestny ZNAK“ wie folgt möglich:

  • Entsprechend der Vorschriften für die obligatorische Produktkennzeichnung für die meisten Waren4 (mit Ausnahme von Pelzprodukten und Arzneimittel) ist eine Eintragung in das System „Chestny ZNAK“ für ausländische Unternehmen nur möglich, wenn sie eine in Russland registrierte Zweigstelle haben. Dabei kann die Zweigstelle nur als Produzent von Waren innerhalb Russlands auftreten, nicht jedoch als Importeur von Waren nach Russland. Andere ausländische Unternehmen haben keinen direkten Zugang zum System „Chestny ZNAK“ und können nur von ihren Partnern, den russischen Importunternehmen, Kennzeichnungscodes erhalten, die sie auf ihre Waren anbringen können.

  • Nach den Vorschriften für die Pelzkennzeichnung5 können sich ausländische Unternehmen überhaupt nicht in das System „Chestny ZNAK“ eintragen lassen. Russische Unternehmen, die Waren nach Russland einführen, dürfen jedoch Kennzeichnungsmittel an Personen außerhalb Russlands zum Anbringen der Waren übermitteln.

In Russland registrierte Zweigstellen ausländischer Unternehmen, die innerhalb Russlands Waren produzieren, können sich bei dem System „Chestny ZNAK“ registrieren lassen.

  • Ein grundlegend anderer Ansatz ist in der Verordnung zur Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel verankert6:

    Eine ausländische Organisation, die Inhaberin einer Zulassungsbescheinigung für Arzneimittel mit oder ohne Repräsentanz in Russland ist, kann sich in das System „Chestny ZNAK“ eintragen lassen. Arzneimittel, unabhängig davon, ob es eine Vertretung in Russland hat oder nicht. In Ermangelung eines Vertretungsbüros kann eine ausländische Organisation über einen bevollmächtigten Vertreter Geschäfte mit dem System „Chestny ZNAK“ tätigen.

Im System „Chestny ZNAK“ können sich auch ausländische Pharmahersteller registrieren, die über keine Zweigstelle innerhalb Russlands verfügen.

3. Zugang zum Nationalen Katalog gekennzeichneter Waren

Im Rahmen des Systems „Chestny ZNAK“ kann ein individueller Kennzeichnungscode für einen Artikel erst erstellt werden, nachdem die betreffende Produktart in den nationalen Katalog der gekennzeichneten Waren aufgenommen wurde.

Dieser Katalog wird auf folgende Weise verwaltet und geführt:

Dies gilt für alle Arten von gekennzeichneten Waren, mit Ausnahme von Arzneimitteln:

  • Der Eintrag im Katalog für Hersteller ist nur für in Russland hergestellte Produkte verfügbar.

  • Die Einfuhren werden nur von den Importeuren katalogisiert. Der Importeur muss keine vertragliche Beziehung oder Lizenzvereinbarung in Bezug auf die Marke bestätigen.

  • Die Verwaltung des Katalogs durch den ausländischen Hersteller/bevollmächtigten Importeur ist in den meisten Fällen nicht vorgesehen. Nur im Fall von Schuhwaren wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beim Versuch einer erneuten Registrierung einer bereits registrierten Ware im Katalog mit einer Ablehnung zurechnen ist.

Im System „Chestny ZNAK“ werden importierte Waren ausschließlich von Importeuren registriert.

Bei Arzneimitteln ist der Ansatz ein ganz anderer:

  • Eingeführte Arzneimittel können nur von den Inhabern einer Zulassungsbescheinigung für Arzneimittel oder ihren Vertretungen in Russland bzw. ihren bevollmächtigten Vertretern in Russland katalogisiert werden.

4. Kontrolle des Warenumsatzes durch den Produzenten über das System „Chestny ZNAK“

Das System „Chestny ZNAK“ bietet weder den Herstellern von importierten oder in Russland hergestellten gekennzeichneten Waren, noch den Importeuren keinerlei Möglichkeit, den Warenverkehr zu überwachen und entsprechende Informationen zu erfassen.

Überwachung der Warenbewegung im System „Chestny ZNAK“ ist nur für Pharmahersteller vorgesehen.

Die einzige Ausnahme bilden hier die Pharmaherstellers:

  • Sie haben Zugang zu Informationen über die Serien und Chargen der von ihnen hergestellten und im Zivilverkehr befindlichen Arzneimittel in Russland.

  • Auf Grundlage eines begründeten Antrags des Pharmaherstellers, einschließlich eines ausländischen Herstellers, kann der Verkehr des Arzneimittels im System „Chestny ZNAK“ durch den Föderalen Dienst für Überwachung im Gesundheitswesen blockiert werden.

5. Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Interessen ausländischer Hersteller im System „Chestny ZNAK“ viel schlechter berücksichtigt werden als die der russischen Hersteller:

  • Im Gegensatz zu einer russischen Person kann ein ausländischer Produzent nicht direkt in das System „Chestny ZNAK” eintreten. Dieser muss erst einen russischen Geschäftspartner finden, der bereit ist die ausländischen Waren in den Katalog einzutragen und die Einfuhr abzuwickeln.

  • Ausländische Produzenten werden daran gehindert effektiv Parallelimporte zu kontrollieren oder Fälschungen zu verhindern, da das System „Chestny ZNAK” bei der Registrierung von Importeuren keine Nachweise über das Bestehens von Vertragsbeziehungen und über die Einhaltung von Markenrechten verlangt.

Ein grundlegend anderer Ansatz bei der Kennzeichnung von Importarzneimitteln zeigt, dass diese Probleme tatsächlich auftreten und dass der Gesetzgeber immerhin Maßnahmen ergriffen hat, um sie in einem aus seiner Sicht wichtigen Bereich zu lösen pharmazeutische Produktion.

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Dieser Newsletter ist keine anwaltliche Rechtsberatung; er ist ausschließlich für informationelle und Bildungszwecke vorgesehen. „Mosgo & Partner“ übernimmt keine Haftung für Folgen der Verwendung der in diesem Newsletter enthaltenen Informationen ohne spezielle professionelle Beratung.

© Mosgo & Partner. Moskau, 2020.


1 Parfüms und Eau de Toilette; Reifen und Reifenmäntel; Waren der Leichtindustrie; Fotokameras (außer Filmkameras), Blitzlichtgeräte; Schuhe.

2 Rollstühle und Medizinprodukte; verpacktes Trinkwasser; verpackte Milch und Milchprodukte; Fahrräder und Fahrradrahmen.

3 https://regulation.gov.ru/projects#npa=106058

4 Verordnungen der Regierung der Russischen Föderation Nr. 224 v. 28.02.2019, Nr. 1957 v. 31.12.2019, Nr. 1958 v. 31.12.2019, Nr. 1956 v. 31.12.2019, Nr. 860 v. 05.07.2019, Nr. 1953 v. 31.12.2019.

5 Verordnungen der Regierung der Russischen Föderation v. 11.08.2016 Nr. 787.

6 Verordnungen der Regierung der Russischen Föderation v. 14.12.2018 Nr. 1556.

Svetlana Makarova
Svetlana Makarova
Senior Associate
Materialien zum Artikel
pdf Chestny-znak 242Kb
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