Neue Schiedsinstitutionen erhalten die Erlaubnis zur Streitbeteiligung in Russland
Am 19. Mai 2021 verlieh das Justizministerium der Russischen Föderation die Internationale Handelskammer (ICC) und dem Singapore International Arbitration Centre (SIAC) den Status einer permanenten Schiedsinstitution in der Russischen Föderation (PAI-Status). Für die ICC und SIAC eröffnet dies die Möglichkeit auf dem Territorium der Russischen Föderation vollumfänglich tätig zu werden.
Bisher haben nur zwei ausländische Schiedsinstitutionen einen solchen Status erhalten (zusätzlich zu den bereits bestehenden russischen PAI): wie das Internationale Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich (VIAC) und das Hong Kong International Arbitration Centre (HKIAC).
1. Permanente Schiedsinstitutionen (PAI) und Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit
Internationale Händler können zur Beteiligung ihrer Streitigkeiten PAI oder Ad-hoc-Schiedsverfahren (d. h. für die Lösung der Streitigkeit geschaffen werden) nutzen, um ihre Streitigkeiten außergerichtlich beizulegen.
Die Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit in Russland unterliegt jedoch zahlreichen Beschränkungen - so können beispielsweise keine Wirtschaftsstreitigkeiten geschlichtet werden, so dass sie für die meisten Unternehmen/ ausländischen Investoren nicht zu empfehlen ist.
Die Anwendbarkeit der Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit ist in Russland sehr begrenzt möglich und kann de facto die Interessen internationaler Händler nicht sichern, was zu einer verstärkten Rolle der PAI führt.
Die Zuständigkeit der PAI umfasst folgende Fälle:
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internationale Handelsschiedsverfahren mit Verhandlungsort in Russland;
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verschiedene Streitigkeiten in Russland oder im Ausland, die sich auf Einwohner der russischen Sonderverwaltungsbezirke beziehen;
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bestimmte Arten von russischen Wirtschaftsstreitigkeiten;
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andere Streitigkeiten, die nach russischem Recht nicht unter das internationale Handelsschiedsverfahren fallen (interne Streitigkeiten).
2. PAIs Gerichtsbarkeit
Die PAI können die meisten Streitigkeiten zwischen internationalen Händlern schlichten, diese wären folgende:
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Streitigkeiten, bei denen mindestens eine Partei ihren Geschäftssitz im Ausland hat; und
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wenn der Ort, an dem sich der wesentliche Teil der Verpflichtungen aus der Vertragsbeziehung der Parteien ergibt oder dieser mit dem Gegenstand des Rechtsstreits am engsten verbunden ist, sich im Ausland befindet; und
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Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit ausländischen Investitionen auf dem Gebiet Russlands oder russischen Investitionen im Ausland stehen.
3. UNTERNEHMENSSTREITIGKEITEN
Allerdings ist das Recht der PAI, andere Streitigkeiten zu verwalten, sehr begrenzt. So können beispielsweise nur PAI mit einer beim russischen Justizministerium registrierten Schiedsgerichtsordnung für Wirtschaftsstreitigkeiten (derzeit sind nur einige russische PAI registriert) solch Wirtschaftsstreitigkeiten auch verwalten:
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Gründung, Umstrukturierung und Liquidation einer juristischen Person;
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Ansprüche der Aktionäre der juristischen Person auf Ersatz von Verlusten die der juristischen Person zuzuschreiben sind,
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Ungültigkeit des von der juristischen Person vorgenommenen Geschäfts und/ oder die Anwendung seiner Folgen;
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Ernennung oder Wahl, Beendigung oder Aussetzung der Befugnisse und der Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane der juristischen Person etc.
Nur PAI, die über eine beim russischen Justizministerium registrierte Schiedsgerichtsordnung für Wirtschaftsstreitigkeiten verfügen, können alle diese Streitigkeiten verwalten
Gleichwohl können einige Wirtschaftsstreitigkeiten von allen PAI verwaltet werden::
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Streitigkeiten im Zusammenhang mit Kaufverträgen in Bezug auf Anteile/ Beteiligungen
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Streitigkeiten im Zusammenhang mit Aktionärsvereinbarungen in Bezug auf russische Unternehmen.
Interne Streitigkeiten können von den internationalen PAI verwaltet werden, die über ein eigenes Büro in Russland - derzeit hat keine der internationalen PAI ein solches Büro eingerichtet. Diese Anforderung gilt nicht für die russischen PAI.
4. FAZIT
Nachfolgend genannte internationale Schiedsinstitutionen sind in der Russischen Föderation zugelassen:
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Internationale Handelskammer (ICC),
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Singapore International Arbitration Centre (SIAC),
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Internationales Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich (VIAC),
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Hong Kong International Arbitration Centre (HKIAC),
sowie folgende russische Schiedsinstitutionen:
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Internationales Handelsschiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation (ICAC bei der RF CCI),
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Seeschifffahrts-Schiedskommission bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation (MAC bei der RF CCI),
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Russisches Zentrum für Schiedsgerichtsbarkeit am Russischen Institut für moderne Schiedsgerichtsbarkeit,
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Schiedsgerichtszentrum bei der Russischen Union der Industriellen und Unternehmer,
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Nationales Zentrum für Sportschiedsgerichtsbarkeit bei der Kammer für Sportschiedsgerichtsbarkeit,
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Schiedsgerichtsinstitution beim Allrussischen Industrieverband der Arbeitgeber "Russische Ingenieurunion".
Allerdings sind nicht alle von ihnen befugt, alle Wirtschafts- und internen Streitigkeiten zu regeln.
In bestimmten Fällen können internationale Händler eine Schiedsklausel durch einen Zusatz ergänzen, um die Schiedsinstitution durch eine andere ersetzen zu können, wenn die erste Institution eine bestimmte Streitigkeit nicht bearbeiten kann.
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